| Erinnerungen an die Zeit in der Odenwaldschule: 
 „Als ich ankam, hatten wir hier Nacktkultur, denn der Paulus hat geglaubt, daß der nackte menschliche Körper gottähnlich
 sei. Und wir hatten ein Gehege gehabt, in dem wir Freiübungen machten. Sogar im Schnee. Ich bin derart gekleidet ange-
 kommen: eingewickelt. Ich hatte einen tollen Mantel, der ganz fett und mollig war. Es war Schnee, doch der alte Paulus hat
 mich wie eine Zwiebel entschält, bis ich gänzlich nackt war. Dann hat er gesagt: 'Jetzt bewege dich und du wirst herausfin-
 den, dass es gar nicht kalt ist.' Und er hat auch ganz recht gehabt.”
 (. . .)
 „Was mich beeindruckt hat, war die Gemeinde. Die Schulgemeinde, wo ich als Siebenjähriger die gleiche Stimme hatte,
 wie der Paulus. Da war irgendein großer Unfall, eine Explosion in Mannheim und man hatte uns vorgeschlagen, einen
 Theaterabend, den wir inszeniert hatten, aufzugeben. Aber wir sollten darüber abstimmen. Wir Kinder haben den Paulus
 überstimmt, der gesagt hatte, aus Ehrfurcht für dieses Unglück sollten wir unsere Theatervorstellung nicht geben. Ich hatte
 die entscheidende Stimme. Und so haben wir unser Theater doch gehabt.”
 (. . .)
 „Auf alle Fälle, ich habe mich hier sehr, sehr gut gefühlt.”
 (. . .)
 „Und dann kam die Tragödie, nömlich dass meine Familie nach Berlin übersiedelte. Berlin war damals die Hauptstadt des
 neuen Theaters, da war Ernst Toller, da war Bert Brecht, da war Piscator, da war Max Reinhardt. Meine Eltern wollten das
 nicht versäumen und sind daher nach Berlin gezogen. Und ich wurde dann leider in eine preußische Schule gesteckt. Der
 Ruf, dass ich von der Odenwaldschule kam, ging mir leider voraus. Die Odenwaldschule wurde als total verrückt und ver-
 rucht und entartet angeschaut, wo nackte Kinder herumlaufen, wo man zu den Lehrern 'du' sagt und wo man sich mit den
 Ellbogen auf dem Tisch herumflegeln kann.”
 
 Anm.: Paul Geheeb wurde „Paulus” genannt.
 
 Weitere berühmte Schülerinnen der Odenwaldschule waren Beate Uhse und Amelie Fried.
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